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Presseinformation
13.08.2024
ARGE GWJ Architektur / jungheim Architektur / Samuel Métraux Architektur
Sozial und nachhaltig im Bestand verdichten:
Der Prozess ist das Ziel
Städtebauliche Studie für das Quartier an der Wankdorffeldstrasse in Bern liegt vor
Das Wankdorf ist wegen seines legendären Fußballstadions weit über die Schweizer Landesgrenzen hinaus bekannt. Es ist aber auch ein zentral gelegener Teil von Bern und das nördliche Einfallstor in Richtung Altstadt. In diesem Bereich wird derzeit viel geplant und gebaut. Für eine 800m lange Bandstadt namens Wankdorffeldstrasse wurde kürzlich eine städtebauliche Studie erstellt. Diese soll als Leitbild den Weg durch den Prozess vom Richtplan bis zur Realisierung weisen. Die Studie stammt von zwei interdisziplinären Teams um die Berner Büros GWJ Architektur und der ARGE jungheim Architektur / Samuel Métraux Architektur und ist aus einem von den Baurechtnehmenden des Areals ausgelobten, städtebaulichen Ideenwettbewerb hervorgegangen.
Zwischen der Bahnstrecke und dem Stadion prägen heute Lagerhallen und Gewerbebauten das Bild. Dieses Areal mit etwa 50.000m² Bodenfläche wird in den kommenden Jahren zu einer gemischten und lebendigen Quartierstadt mit Schwerpunkt Wohnen transformiert. Dabei werden bestehende Spuren möglichst erhalten und fortgeschrieben. Für die rund 2.400 Menschen, die hier leben und arbeiten werden, ist eine dichte Stadt mit etwa 170.000m² Geschossfläche geplant, die viel Raum für gemeinschaftliches Zusammenleben, auch mit den Nachbarn der angrenzenden Quartiere, bietet. Die interdisziplinären Teams aus den Bereichen Städtebau, Freiraum, Architektur, Sozialraum und Mobilität haben für diese Transformation eine starke städtebauliche Vision formuliert: ein ökologisches, vielfältiges, sozial verträgliches und wirtschaftlich tragfähiges Stadtquartier.
Das künftige Quartier an der Wankdorffeldstrasse zeichnet sich durch eine Vielfalt unterschiedlicher Milieus aus: Während der westliche Teil vom Gemeinschaftlichen und Sozialen wie z.B. dem genossenschaftlichen Wohnen geprägt ist, wächst der östliche Teil weiter in die Höhe und ist in den Sockelgeschossen vorwiegend dem Gewerbe, Dienstleistungen oder der Gastronomie gewidmet. In der Mitte bildet das Quartierherz mit weiteren quartierdienenden Nutzungen das Scharnier und ergänzt die Wohnbauten. Die Übergänge sind in alle Richtungen fließend.
Anknüpfung an die Nachbarschaft
Das Quartier wird von kleinen öffentlichen Räumen und unterschiedlichen Gassen als Querverbindungen und Zugangspunkte aus der Nachbarschaft durchzogen. Andersherum sollen die sozialräumlichen Angebote für gemeinschaftlichen Austausch über die Grenzen des Quartiers hinaus in die angrenzende Nachbarschaft hineinwirken. Diese Aspekte zeigen sich insbesondere an der südlich gelegenen Wankdorffeldstrasse, deren begrünter Begegnungsraum die Quartiere verbindet. Zwischen der Wankdorffeldstrasse und dem Gleisfeld verläuft eine innere Gasse, die den noch bestehenden ehemaligen Industriegleisen folgt und die vorgegebene starre Ausrichtung des Stadtteils durchbricht. Entlang dieser Gasse entsteht eine abwechslungsreiche Abfolge von Freiräumen, die sich aus dem Wegenetz heraus entwickelt. Diese Räume sind immer zugänglich, aber je nach Situation können sie als zurückgezogener Innenhof, lebhafter Platz, gemeinschaftliche Terrasse, spezielle Spielbereiche oder offene Grünflächen gestaltet werden. Dank ihrer räumlichen Qualität lassen sie sich flexibel und langfristig den Veränderungen im Quartier und im Stadtleben anpassen.
Hybride Nutzungen sparen Fläche und fördern das soziale Leben
Auch die Architektur bietet flexible Typologien, damit die Räume auf vielfältige Weise genutzt werden können – manche sind sogar so definiert, dass sie hybrid genutzt werden können: etwa als Laden und als Gemeinschafts- oder als Veranstaltungsraum. Diese sogenannten HOFAs (Hybride Orte für Austausch) können schon sehr frühzeitig eingerichtet werden, um das Quartier von Anfang an zu beleben und auch die Menschen aus der Nachbarschaft anzulocken.
Bestand und Neubau
Bestehende Spuren werden möglichst erhalten, sowohl aus ökologischen Gründen, aber auch um die Geschichte des Ortes und seine charakteristischen Merkmale zu bewahren. Gewachsene Strukturen, Nischen und Höfe, gemischt mit kleinen und größeren Neubauten bilden zusammen eine typologische Vielfalt, in der sich ein vielseitiges und lebendiges Wohnen und Arbeiten entwickeln darf.
Dichte und Freiraum
Auch wenn eine dichte Stadt angestrebt wird, soll sie trotzdem nach dem Modell der Schwammstadt über genügend Freiflächen verfügen, damit Wasser vom Boden aufgenommen und abgegeben werden kann. Hierfür sind – in Kontrast zur punktuellen Verdichtung – großflächige Freiräume vordefiniert, die nicht unterbaut werden dürfen. Diese dienen zugleich als Luftaustauschbahnen und schützen somit den Stadtkörper vor Überhitzung. Die Dächer müssen als Solardächer oder als begrünte Flächen mit Bäumen, Gärten und gemeinschaftlichen Nutzungen aktiv genutzt werden. So werden die fünften Fassaden zu weiteren Freiräumen und Stadtebenen; sie verhelfen zu mehr Dichte, aber auch zu mehr (grünem) Freiraum. Ein weiterer Grünraum verläuft als Biodiversitätsband die Gleisfelder entlang.
Stadt der kurzen Wege
Dank ihrer Dichte ist das Quartier an der Wankdorffeldstrasse auch eine Stadt der kurzen Wege. Das Mobilitätskonzept setzt auf Velos, Sharing-Angebote und den nahen Bahnhof. Die Angebote sind sinnvoll verteilt, sodass alles in angemessener Distanz erreichbar ist. Die Porosität des Quartiers gewährleistet überall eine hohe Zugänglichkeit. Eine neue Passerelle führt auf direktem Weg nach Norden zum Naherholungsgebiet an der Aare, das derzeit nur schwer zu erreichen ist.
Der Prozess ist das Ziel
Die städtebauliche Studie ist das Ergebnis eines Wettbewerbsgewinns vom Sommer 2022. Die beiden Gewinner-Teams erhielten daraufhin den Auftrag, aus ihren Studien eine Synthese zu erarbeiten. Dabei mussten die Interessen von sechs Baurechtsnehmenden, der Burgergemeinde Bern als Eigentümerin, der Stadt Bern als Planungsbehörde, der SBB als Nachbarin, der Denkmalpflege und der Bevölkerung, deren Partizipation ausdrücklich erwünscht ist, berücksichtigt werden.
Auf Basis des daraus folgenden Richtkonzeptes wird derzeit ein Masterplan entwickelt. Bis auf die Stufe des Projektwettbewerbs soll das Projekt immer wieder an der entworfenen Vision gemessen werden. Hierfür wurden so viele klare Regeln wie nötig, aber auch so viele Freiheiten wie möglich definiert. Schließlich werden die Bauetappen sukzessive umgesetzt, bezogen und evaluiert. Diese Erkenntnisse fließen in die Vision für die nächste Etappe ein. So wird das Quartier an der Wankdorffeldstrasse auch ein Projekt, das anpassungsfähig ist und an sich selbst lernt und wächst. Die Weichen für den interdisziplinären und partizipativen Prozess auf dem Weg zu einem ökologisch, sozial und wirtschaftlich nachhaltigen Quartier sind gestellt.
Weitere Informationen: https://www.wankdorffeldstrasse.ch/
Alle Bilder: © ARGE GWJ jungheim Métraux |
Das Team der Quartierstadt Wankdorf (Stand städtebauliche Ideenstudie):
Team3: GWJ Architektur, ASTOC International GmbH, ORT AG Landschaftsarchitektur, TREIBHAUS Landschaftsarchitektur, Emch+Berger Verkehrsplanung, Martin Beutler
Team 6 (Wild Card): ARGE jungheim Architektur GmbH & Samuel Métraux Architektur. GmbH, DUO Architectes paysagistes, Rundum Mobil, Peter Sägesser Sozialplaner, wolf & spürhund Beratung Denkmalpflege, Axel Gassmann und Pascal Hofer
GWJ Architektur AG, Bern
GWJ ist ein schweizweit tätiges Architekturunternehmen mit rund 50 Mitarbeitenden aus 10 Nationen. Gemeinsam mit Kunden, Nutzern und Partnern entwickelt GWJ sozial-, wirtschafts- und klimaverträgliche Projekte. Ziel von GWJ ist es, nachhaltig attraktive Orte für Mensch und Gesellschaft zu schaffen, die künftige Entwicklungen zulassen und einen schonenden Umgang mit den Ressourcen ermöglichen. Maßstabsübergreifend arbeitet GWJ in den Bereichen Architektur, Städtebau und öffentlichem Raum. GWJ realisiert Bauten fürs Wohnen und Arbeiten, für die Bildung und Gesundheit. www.gwj.ch
Über die ARGE jungheim / Métraux
Seit der Bürogründung 2016 arbeiten jungheim Architektur und Samuel Métraux Architektur stets unter demselben Dach – nämlich immer, wenn es um urbane, großmaßstäbliche Fragen geht. Seit 2024 heißt die ARGE nun PLATZHALTER Studio für Städtebau. PLATZHALTER schließt insbesondere bei städtebaulichen Fragen ihre Kompetenzen, Ressourcen und Kapazitäten zusammen. Damit erzielt sie projekt- und prozessbezogen die bestmöglichen Resultate – so auch bei der komplexen städtebaulichen Studie „Quartier an der Wankdorffeldstrasse“. www.platzhalter-studio.ch
jungheim Architektur GmbH SIA
jungheim Architektur GmbH SIA bauen für und entwickeln mit ihren Kund:innen. Von der ersten Idee bis zur Schlüsselübergabe stehen sie der Bauherrschaft zur Seite, seien es die öffentliche Hand, Institutionen, Investoren oder Privaten – immer mit dem nötigen Fachwissen, viel Fingerspitzengefühl und einem breiten Netzwerk aus Handwerkern und Fachplanerinnen. www.jungheim.ch
Samuel Métraux Architektur. GmbH
Sorgfalt, Maßstabssprünge, Prototypkonfektionen und 3D-Modellierung prägen die Arbeit von Samuel Métraux Architektur. GmbH. Mit viel Tatendrang, kritischer Reflektion und eigenen Ideen bringt das junge, vernetzt und vielfältig arbeitende Team die unterschiedlichen Aufgaben auf den Punkt. Das Büro schätzt die Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege, Beratern und Expertinnen – und erlaubt sich, immer wieder einen Blick über die Grenzen der Konventionen zu werfen. www.samuelmetraux.ch