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Kuppel Basel

Vécsey Schmidt Architekt:innen, Basel

Ein Pavillon für die Popkultur

Vom provisorischen Zelt zum dauerhaften Konzertclub: Mit der neuen Kuppel Basel erhält die Musikszene einen beeindruckenden Raum

Vécsey Schmidt Architekt:innen aus Basel haben für die Basler Popmusikszene einen permanenten Konzertclub gebaut – mitten in einem idyllischen Park am Rand der Innenstadt. Die Form der Kuppel Basel nimmt Bezug auf ein provisorisches Kuppelzelt von 1988 an derselben Stelle, das sich mit Konzerten weit über Basel hinaus einen Namen machte. Jetzt sollen mit dieser dauerhaften Institution junge Bands gefördert und ein Ort für Konzerte und Partys geschaffen werden. Ein ungewöhnliches Stück Architektur, das sich ganz auf sein Inneres konzentriert und gleichzeitig – zusammen mit einer erweiterten Randbebauung – städtebauliche Fragen löst.

Die Konzerte der Clubszene finden oft in dunklen Kellern oder verlassenen Industriegebieten statt, dort, wo sich niemand gestört fühlt. In Basel ist das anders: Hier hat die Popkultur jetzt ein Juwel bekommen, mitten in einer Parkanlage zwischen Zoo und Altstadt. Jemand, der die Funktion des Gebäudes nicht kennt, würde den oktogonalen Solitärbau mit der ungewohnten Gewölbekonstruktion für einen Pavillon halten, wäre er nicht so hermetisch geschlossen. Denn dank ausgefeilten Schalldämmmaßnahmen kann es innen pulsieren und wummern, während draußen die Menschen flanieren oder bei geöffneten Fenstern schlafen.

Bis vor wenigen Jahren war das „Nachtigallenwäldeli“ ein städtebaulich vernachlässigter, 300m langer Streifen zwischen der Binningerstrasse und dem Flüsschen Birsig, der an seinen Enden jeweils von einem mächtigen Viadukt überspannt wird. Hier hielt sich fast 30 Jahre lang die beliebte und legendäre „Kuppel“. Bevor dieses Zelt im Zuge der Neugestaltung des Areals 2016 als zonenfremdes Provisorium abgebaut werden musste, gründete sich eine gemeinnützige Stiftung mit dem Ziel, sich mit einem Neubau und dem Betrieb eines Konzertclubs für die Popmusikszene zu engagieren. Der Kanton unterstützte das Vorhaben durch die Mitfinanzierung der acht im Keller untergebrachten Bandproberäumen. Den Wettbewerb, der schließlich 2019 ausgelobt wurde, entschied das Basler Büro Vécsey Schmidt Architekt:innen für sich. Künftig sollen hier von September bis Mai wöchentlich zwei bis drei Konzerte mit Popmusik in all ihren Spielarten oder Partys stattfinden.

Form und Funktion

Die Kuppelform des Konzertclubs lehnt sich bewusst an seinen sehnsuchtsvoll vermissten Vorgänger an. Das grüne Stahlskelett des freistehenden Oktogons erinnert ein wenig an einen Pavillon des 19. Jahrhunderts, mutet jedoch eher industriell als zierlich an, zumal es mit schlichten Backsteinen ausgefacht ist. Das Gewölbe ist keine Kuppel im eigentlichen Sinn, sondern fügt sich aus vier sich verschneidenden Tonnengewölben zusammen. In deren Rundungen öffnen sich die einzigen Fenster als unterschiedlich große, rosa verglaste Oculi. Die ungewöhnliche Form des Solitärs, die an einen Sakralbau erinnert, macht deutlich, dass es sich um etwas Besonderes handeln muss – und Kuppelbauten sind traditionell für exklusive und besondere Zwecke vorgesehen, oder für Gebäude mit großen Spannweiten wie die Basler Markthalle oder Universitätsbibliothek.

Die neue Kuppel Basel kann bis zu 600 Personen aufnehmen. Im Erdgeschoss des gestreckten Oktogons gelangt man zunächst ins Foyer und an die Bar, bevor man über zwei Treppen zum pulsierenden Herz, dem Live-Konzertsaal mit Bühne im ersten Geschoss gelangt. Hier wird überraschend der Blick bis unter die Beton-Kuppel frei. Um diese Mitte, den vom Kreuzgewölbe überspannten Konzertsaal konzentrieren sich alle Räume und inszenieren ihn so umso mehr. Über weitere Treppen gelangt man auf eine unregelmäßig weit, wie Logenplätze in den Raum hinein schwingende Galerie. Das Publikum kann über die breiten und schmalen, um den Konzertsaal herum verlaufenden Treppen frei zirkulieren und sich bewegen; es gibt keine Sackgasse. Die dunklen Farben der Innenwände unterstützen die Raumwirkung: Sie verändern sich fast unmerklich von dunkelgrün im Foyer bis nachtblau im Konzertsaal. Die Backstage-Räume mit Künstler:innen-Garderoben hinter der Galerie sind dagegen in einem warmen, eher wohligen und inspirierenden Dunkelrot gehalten.

Schall und Raum

Neben dem Schaffen dieser geradezu überwältigenden Raumatmosphäre der Kuppel sind die Konstruktion, die Materialien und die Raumgeometrien auf Raumakustik und Schallschutz ausgerichtet. So dienen die unterschiedlichen Profilierungen und Wölbungen – die konkaven, verschnittenen Tonnen der Kuppel, die Galerie mit ihren konvexen holzverkleideten Brüstungen – zur vielfältigen Diffusion des Schalls. Die Wände mit unterschiedlich perforierten Holzplatten und Dämmung dahinter absorbieren ihn dagegen. Damit kein Lärm nach außen dringen kann, galt es, Berührungspunkte zwischen innen und außen zu vermeiden, die die Schwingungen weitergeben könnten. So ergab sich eine Haus-im-Haus-Konstruktion. Die massive Betonkuppel erhielt eine äußere Dachschale aus vorgefertigten Holzelementen. Im Keller befinden sich zudem acht Bandprobenräume, die dank einer Raum-im-Raum-Konstruktion gleichzeitig bespielt werden können, ohne sich gegenseitig zu stören, während oben beim Live-Konzert der Tanzboden vibriert und die Bässe dröhnen.

Die flache Gewölbeform ergab sich unter anderem aus den Randbedingungen, der maximalen Gebäudehöhe von 12m bei gleichzeitiger optimaler Ausschöpfung des vorhandenen Raumes – und vielen Berechnungen in Kooperation mit ZPF Ingenieure. So entstand ein elliptisches Kreuzgewölbe mit verschnittenen Tonnenschalen. Bei dem gestreckten achteckigen Grundriss haben die einzelnen Tonnen unterschiedliche Gewichte und Kräfte, die sich nicht gegenseitig aufheben, wie es bei einem gleichmäßigen Gewölbe der Fall wäre. So wurde aus statischen, akustischen und wirtschaftlichen Gründen für die innere Dachschale Ortbeton gewählt, der unbearbeitet und sichtbar blieb.

Kuppel und Satteldach

Noch während der Bauphase fiel die Entscheidung der Bauherrschaft, ein weiteres Gebäude zu errichten. Das sogenannte Volume 3 ist ein langgestrecktes Gebäude entlang der Binningerstrasse, das nicht nur die neue Kuppel von Tram- und Autoverkehr abschirmt, sondern auch der Kuppel zudienende Funktionen übernimmt: Konzert- und Eventbüros, Gastronomie, ein Teil der Haustechnik und die obligatorischen Solaranlagen auf dem Satteldach sind in dieses Gebäude ausgelagert. Außerdem verfügt es über einen weiteren Musikclub ohne Bühne für 180 Personen. Für das Publikum sind die zwei Gebäude voneinander getrennt; sie sind jedoch im Untergeschoss räumlich und technisch miteinander verbunden, um Synergien nutzen zu können.

Underground und etabliert

So wie die Popmusikszene zwischen underground und etabliert, zwischen subversiv und mainstream oszilliert, so spielen die Architekt:innen mit diesen Gegensätzen und Widersprüchen: Mit traditionellen Formen und den Brüchen damit; mit einer auf Dauerhaftigkeit angelegten, durchdachten Konstruktion und dem Bezug auf den provisorischen Vorgänger durch die Form; mit elaborierter Technik und Ausstattung und der Rauheit des Materials. Die neue Kuppel Basel hat etwas Sakrales, Heiliges wie ein Pantheon, ein Tempel oder eine Kirche, gleichzeitig knüpft sie an die industrielle Vergangenheit des Ortes an, denn hier stand einst das erste Gaswerk Basels. Sie verkörpert jedoch auch einen Neustart. So ist die neue Kuppel Basel Teil der Geschichte und der Zukunft dieser Kultur und bringt ihr Wesen zum Ausdruck.

 

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Alle Bilder: © Vécsey Schmidt Architekt:innen, Pati Grabowicz

 

Vécsey Schmidt Architekt:innen, Basel
Vécsey Schmidt Architekt:innen interessieren sich für das Bauen als Ausdruck von Kultur: Handwerkliche, künstlerische und gesellschaftliche Aspekte gleichermaßen in Projekte einzubetten, ist ihnen ein erstrebenswertes Ziel und sie begeistern sich für das Grosse im Kleinen und umgekehrt. Seit der Bürogründung 2007 planten sie mit ihrem Team zahlreiche Umbauten mit klarem Engagement für den Erhalt bestehender Bausubtanz, ob diese geschützt ist oder nicht. Einen Schwerpunkt stellen Umbauten von Sakralräumen dar; derzeit planen sie die Umnutzung der Kirche Wipkingen in Zürich zu schulischen Zwecken. Auch bei Erweiterungsbauten und Neubauten ist ihnen das spezifische, am Ort verankerte Projekt stets ein Anliegen. Ihr Interesse für theoretische Fragestellungen des Metiers zeigt sich in freien Projekten, eigenen Publikationen und Lehrtätigkeiten. https://vsarch.ch